Montag, November 28, 2005

Hauptsache Bayern gewinnt

ach ja. es war fast wieder so wie früher. und das obwohl es eigentlich mit jeder menge neuem angefangen hat: denn am samstag vor einer woche begann etappe 2 der langen reise ins schöne Barcelona, die, nachdem etappe 1 von HD nach Wü tags zuvor routiniert gemeistert worden war, von Wü zu meinem bruder nach Stuttgart geführt hat, und zwar in begleitung von Roque. in Stuttgart haben wir gelernt:

1. es ist saukalt dort. immer.
2. direkt neben dem bahnhof bedeutet 20 min laufen.
3. hat man sich verlaufen, orientiere man sich am Daimlerturm. das ist der mit dem Mercedesstern obendrauf . sollte der so herausgefundende direkte weg über baustellen führen, mache man sich keine sorgen, es gibt immer eine leiter mit deren hilfe man wieder heraus kommt.
4.schwäbische nachtbushaltestellen sind zauberhaltestellen die verschwinden wenn man sich ihnen nähert. ist dann kein daimlerturm in sicht, investiere man sein letztes geld in Trollinger und Bifi und sorge dafür, dass ein befreundeter A-klasse-fahrer oder zumindest jemand dessen freundin mit der freundin eines A-klasse-fahrers befreundet ist in der nähe ist, denn:
5. A-Klasse-fahrer sind zwar schweigsam aber freundlich und geduldig und in ihre autos passen mehr menschen als man auf den ersten blick vermuten würde.
6. die ureinwohner können wirklich kein hochdeutsch, sind aber trotzdem sympathisch und hilfsbereit, insbesondere freundinnen von freundinnen von A-Klasse-fahrern.
7. das beste mensa-essen ist kässpätzle. (konnten wir zwar nicht persönlich testen, sehen aber keinen grund den auf ausführlichen testreihen beruhenden aussagen von gourmet Axel B. zu misstrauen)
8. es gibt keine maultaschen-und/oder kässpätzlebuden

also haben wir halt nen leberkäsweck gegessen und sind mit diesem wissen gewapptnet gegen die widrigkeiten der welt am sonntag morgen nach 3h schlaf aufgebrochen zum flughafen und mit unseren 0€-tickets nach BCN geflogen. und dann war es wirklich so wie früher. gerade als wir um die ecke gebogen sind zum alten haus vom Eike und vom Rqe, war ersterer dabei mit 2 tüten voll toten huhns das gebäude zu betreten. ein wunderschöner anblick. und ein noch wunderschönerer geschmack.
nach einer kleinen siesta gings dann endlich wieder heim, in meine alte WG. und auch da war alles wie früher. es hatte mal wieder reingerengnet, so dass es ein wenig müffelte und mittelgrosse wasserflecken die decke zierten, mein mitbewohnerpärchen hat sich einen film angeschaut, er hat die ganze konversation gemacht und der Nuno war irgendwo unterwegs. sogar mein todeshusten schallte charakteristisch wie ein leerer eimer durch die strassen.
nur mein zimmer war belegt. von einer norwegerin. erasmus. am anfang ihres jahres. mein armes altes herz...
da half nur estrella-bier, und zwar zuerst mit den freunden in Gracia, dann im Café Royal bei der Jazz Jam-session, schliesslich im schwarzen schaf mit dem alkohol ergebenen austauschstudenten und zu hause gerade noch merken nicht in sein altes zimmer zu fallen, sondern ins wohnzimmer.
am nächsten tag dann der ganztages-spaziergang von Gracia zum meer, während dem wir uns alles gekauft haben worauf wir lust hatten (essen, bücher, café, t-shirts, essen), dann noch mehr essen am abend, der gute 3€-mojito im princesa und viel später das 3€-bier im pipa club. hach. wie früher. jedenfalls wenn ich in meinem zimmer hätte schlafen dürfen.

am dienstag musste ich mich dann tagsüber erst mal erholen von dem ganzen stress, regenerieren für den abend und darüber nachdenken ob ichs wirklich tun soll. also das, weshalb eine fast schon furchteinflössende anzahl grüppchen von 2-5 norddeutsch sprechenden, grün gekleideten Bremern alles was in den letzten 3 monaten von Hartz IV übrig geblieben war in eintrittskarten, flugtickets und bier investiert hatten. und täte ich es, würden sie es ned sofort merken dass ich 700km weiter südlich als sie selbst wohne? und würden sie mich dann hassen? und wieviel häme über den Club und die Bayern würde ich zu hören bekommen? müsste ich am ende sogar den besten verein der welt verleugnen? und für wen sollte ich jublen? international für die deutschen, war der konsens, aber gilt der auch in diesem extremfall? alles wegen Barcelona - Bremen.
aber dann hab ich mir ein herz gefasst und es einfach getan. 1 jahr lang hatte es einfach nicht sollen sein, doch am dienstag wars dann doch soweit. das Camp Nou und wir. mittendrin. auf den tribünenplätzen von dem einzigen katalanen vor dem stadion dessen verhandlungsgeschick noch schlechter war als unseres (er: ich geb euch karten statt für die offiziellen 140 für 100! wir: wir zahlen aber nur 30. er: 40! wir: 35?...und schon waren wir uns einig) und der uns seine dauerkarten im austausch gegen meinen führerschein und einen handschlag gegeben hat und uns einfach ned glauben wollte, dass wir spanisch sprechen. und schon saßen wir auf unserem gemütlichen tribünenplatz, beinahe direkt unter dem vollen auswärtsfanblock, der sich vor allem durch wahllosiglkeit bei der liederwahl ausgezeichnet hat. auf "ihr werdet nie deutscher meister" wurde übrigens souverän mit "madrid, cabrón, puto maricón" gekontert. man muss aber zugeben dass die bremer sangestechnisch der quantitive sieger waren - auch wenn die gesänge der barca-fans definitv wirksamer waren: denn eigentlich gab es nur einen nennenswerten gesang, und das war die vereinshymne, El cant del Barca, aber genau als die stelle kam, die auch ich mitsingen kann (BARCA, BARCA, BAAAARCA!) fiel das 3:1. am ende durften die Bremen fans erst eine stunde nach spielende das stadion verlassen.
egal. hauptsache Bayern hat gewonnen.

und weil symmetrie was gutes ist habe ich die woche mit einer 3h-schlaf-nacht ausklingen lassen und bin mit neuem augenring-rekord nach einem eintagesstop in wü rechtzeitig zur legendären MathPhysRom-party am freitag in HD angekommen um meinen dienst an der biertheke anzutreten.
jetzt muss ich erst mal schlafen. viel.

Donnerstag, November 17, 2005

Kogelschatz sagt

die lektion des heutigen tages von Prof. Kogelschatz über Pythagoras im alltag, gelernt in der statistik-vorlesung für VWLler (wie, warum und was ich da mache demnächst.):

man kennt das problem: man will sich eine neue wand ziehen, besorgt sich eine leichtbauwand, stellt sie auf. soweit so gut. und dann überlegt man: man hat schmerzlich gelernt dem eigenen augenmaß zu misstrauen und deshalb fragt man sich: steht sie denn auch im rechten winkel da, die wand? um das harauszufinden messe man nun von der zu untersuchenden ecke leichtbauwand/zimmerwand 80cm in richtung leichtbauwand und 60cm entlang der zimmerwand ab (tipp: zollstock benutzen und auf den boden legen). hat man die wand korrekt in einem 90°-winkel angebracht, muss die direkte verbindungsstrecke zwischen den abgemessenen punkten genau 1m betragen. fertig.

VWL ist toll. da lernt man was fürs leben.

Dienstag, November 15, 2005

86

es regnet. eigentlich wollte ich gerade auf ein paar bier in der stadt sein, aber nach von schütztenden balkons begrenzten sprints zum penny-markt und zurück durch regen und kälte, hab ich beschlossen lieber daheim zu bleiben. ich finde das ist ein guter einstieg um der welt wieder mitzuteilen wie der flo sie sieht: die andere seite der medaille. zurück in heidelberg, 2 monate vor der gefürchteten diplomprüfung experimentalphysik (Atom-und Molekülphysik, Teilchen und Kerne, Festkörperphysik. wie die welt funktioniert und warum.), das nostalgiereiche leben eines ex-erasmusstudenten mit der schweren last der erinnerung führend, folge ich dem ruf nach einer wiederbelebung meines blogs. und sage euch wieder wie ich es sehe:

gerade sehe ich vor allem eins: ich bin alt. heute haben sich die indizien zu einem gesamtbild zusammengefügt, das nur eine deutung zulässt. es fing an mit einem leeren karton, in dem eigentlich kaffefilter sein sollten, mit deren hilfe ich ein bitter schmeckendes schwarzes getränk zusammenbraue, das ich jeden morgen lauwarm und ohne zucker schlürfe (denn Giovanni, als italienischer physiker automatisch zum experten qualifiziert, sagt, dass zucker die wachmachende wirkung zunichte macht. ich gehe kein risiko ein.) um meine augenringe und mich am leben zu erhalten. jedenfalls war der karton leer, die filter aus, die verzweiflung groß. nachdem mir dann DHL den tag vollkommen vermiest hat, indem sie mir mitteilten, dass ich meine sendung entweder in mannheim abholen könne oder aber einen zweitzustellungstermin morgen um 8 bekommen könnne, vorausgesetzt ich finde die richtige sendungsnummer heraus, denn der lieferant hatte auf die benachrichtigung eine falsche geschrieben. super, dachte ich dann bei mir, und beschloss aktiv was für eine wende zu einem guten tag zu tun und mit "Los Delinquentes" im ohr und meinem mountainbike zwischen den beinen an allen anderen fahrradfahrern vorbei zum campus zu fliegen.
auf unserem campus gibt es einen teich. eigentlich sieht man vor allem eine geschlossene, grüne, vor sich hinwabernde fläche, die bestenfalls aus algen besteht und aus deren existenz man wiederrum auf die existenz von wasser darunter schliessen kann. dieser "teich" ist vor dem hörsaalgebäude der physiker. hat man sein diplom, kann man, um das der welt mitzuteilen, alle möglichen widerlichen sachen im teich machen. ich will auch bald mal mein diplom haben, und deshalb hab ich mein fahrrad auf der brücke, die über den teich zu den hörsälenführt, an das als geländer dienende drahtseil geschlossen. ich misstraue den jugendlichen erstsemestern die sich dort rumtreiben und auf der brücke herumlungernd, kopfnickend vor sich hin rappen. deshlab schliesse ich immer sehr sorgfältig alles ab. mein hinterrad und den rahmen ans seil und das vorderrad mit einem extraschloss an den rahmen. meinen sattel nehm ich immer mit und hoffe dass ich ihn nirgendwo liegenlasse, obwohl dieses risiko wahrscheinlich die selbe grössenordnung hat wie das diebstahlrisiko. jedenfalls war ich von der langen fahrt und der kälte etwas zittirg - und meine klingel ist mir in den teich gefallen.
resigniert und jeglicher motivation beraubt, hab ich mich dann zum Phil gesetzt und wir haben unser exzerpt, kompressionsverhältnis 5:1, weiterverfasst. heute feskörperphysik: strukturbestimmung und defekte. wie jedes mal hab ich nach ca. 45 sekunden den Phil um sein ohropax beneidet, mit dessen hilfe er die umwelt ausblendet und nicht dem zwang nachgeben muss, sinnlose ersti-gepräche ("also der hund hat einen impuls, und den überträgt er jetzt auf das floss, oder wie?") mit anzuhören. und deswegen musste er auch sie nicht mitanhören, die zahl des tages: irgendwann haben sie nämlich gemerkt, dass sie nix verstehen, das ersti-pack, und haben sich über ihre geburtstage unterhalten, und da fragt einer von ihnen nach dem jahr und sagt ganz selbstverständlich: 86, oder? und es wird nur mit einem nicken kommentiert.
!!!1986!!!
mein KLEINER bruder ist 83 geboren!!
1986 konnte ich schon fast lesen!

und dann hab ich nachgedacht:
ich weiss nicht weiter ohne kaffefilter. gut, sowas hätte mich auch in jüngeren jahren zu dem schluss geführt, dass es nur ein scheiss-tag sein kann der auf mich wartet...aber nach 8h schlaf? es bleiben zweifel.
ich habe zittrig meine klingel in den physikteich geworfen.
ich misstraue meinen jugendlichen mitmenschen.
das geburtsjahr eines gemeinen erstis stürzt mich in eine sinnkriese.
ich bleibe abends zu hause weil ich nicht durch den regen fahren will.
ich bin alt.
heute um 6 hat mich wie jeden dienstag meine oma angerufen. dann tauschen wir immer neuigkeiten aus, meine oma und ich. ich mag solche festen gewohnheiten.