Montag, Mai 10, 2010

bekleidungs-assimilierung

morgens, bevor ich aus dem haus gehe, schaue ich immer zuerst auf mein fenster zur welt. das befindet sich in form einer wetter-app auf meinem handy und sagt mir wie warm es draussen ist; manchmal werfe ich auch einen blick durch die glaeserne alternative in der hauswand, aber ich habe bereits vor einiger zeit gelernt die von der strasse zu mir durchdringenden informationen nicht bei der wahl meiner regenjacke (duenn, dick, mittel) zu beruecksichtigen. das tatsaechliche wetter in london korreliert naemlich ganz und gar nicht mit der kleiderwahl seiner bewohner. in den meisten laendern dieser erde lassen sich unnoetiges frieren und/oder schwitzen recht einfach vermeiden indem man bei der kleiderwahl auf das prinzip nachahmung setzt. schaut man in barcelona, heidelberg oder boston am morgen eine weile aus dem fenster kann man meist feststellen, dass die von pasanten getragene stoffdicke ein wenig um einen gemeinsamen mittelwert schwankt. dann ist es in der regel eine gute idee vor verlassen des hauses eine aehnliche stoffdicke anzulegen (sagen wir einlagig in form von t-shirt/hemd im juni, daunenjacke im februar, etc.), wobei aber gerne auf ein nachahmen des einheimischen stils verzichtet werden darf (stichwort aesthetik-verlust durch ueber-assimilierung).
in london funktioniert das alles nicht. betrachtet man hier an einem beliebigen morgen das strasseengeschehen, kann man von februar bis august die genau gleiche bandbreite an stoffdicken bebachten: sie reicht von minirock (keine jacke, keine strumpfhose; traegerin aller wahrscheinlichkeit nach aus [nord]england) bis wintermantel (traeger vermutlich aus lateinamerika; wartet ganzjaehrig vergeblich auf den sommer) und das leben hier ist so angelegt, dass fuer jeden versuch der nachahmung ein persoenlicher preis in form von unangenehmen hitze/kaelte-empfindungen bezahlt werden muss.
auf die nacht allerdings, veraendert sich die stoffdickenverteilung signifikant: die wintermaentel werden weniger, die roecke kuerzer und dann ist da noch die sache mit den kostuemen. in england hat es naemlich tradition sich beim abendlichen ausgang zu verkleiden - und so sind allwoechentlich die strassen des nachts voll von krankenschwestern, seemaennern, schulmaedchen und baeren. manchmal gehen sie auf eine motto-party, manchmal auf einen junggesellen-abschied und manchmal einfach nur in den pub.
nur am faschingsdienstag nicht. das heisst hier naemlich pancake-day und da bleiben alle zu hause und essen pfannkuchen.