Sonntag, Oktober 05, 2008

it's the stoffbeutel

ich hab jetzt mal ueberlegt. weil zu besseren zeiten, als ich noch ein zeit-abo hatte, stand in den feuilletons immer: aufgemerkt, anglifizierung. ueberall englische woerter die es sich in unserer schoenen sprache bequem machen und unsere netten deutschen woerter vertreiben; und ueberhaupt der franzose kann ja auch ordinadeur und ecran sagen, nur wir muessen das computer und monitor nachplappern.
dabei ist in wahrheit alles ganz anderes. england wird immer immer deutscher.
jetzt mein ich dabei nicht nur sprache. weil so ein bisschen 'zeitgeist'-gesage, das macht so einen englaender auch nicht germanischer. einkaufen ist das stichwort. als ich nach london zog, brachte ich einen stoffbeutel mit mir und deponierte ihn in meiner tasche die ich taeglich zur arbeit und zurueck trage. zusammen mit einem staendig wechselndem buch ist der stoffbeutel der einzige nuetzliche inhalt dieser tasche. nach der arbeit naemlich gehe ich meistens zum supermarkt und weil plastiktueten in england zwar umsonst sind, aber trotzdem schlecht fuer die umwelt, benutze ich zum nachhausetragen ein umweltfreundliches ersatz-behaeltnis. als ich damit begann, stand ich hilflos am rot blinkenden self-checkout, der einen zwingen will seine sachen in eine aufgespannte einwegtuete zu legen und die menschen blickten mich komisch an. jetzt ist ein jahr vergangen und alles ist gut. weil mode. inzwischen naemlich kann man stoffbeutel fuer £10 auf dem markt in camden kaufen und in der schlange im supermarkt zwischen der ubahn-station und meiner wohnung hat die haelfte der kundschaft neuerdings einen solchen umhaengen. und ich, ich weiss ich nicht nur wie man die menschenlose kasse ueberlistet, auch die blicke meiner mitmenschen auf meinen stoffbeutel mit der reformhaus-werbung sind wohlwollend bis neidisch.
komisch angeguckt werde ich da nur noch wenn ich meinen stoffbeutel vergessen habe und meinen einkauf zu transportzwecken mehrstoeckig auf einen pizzakarton stapeln muss.

fahrradfahren in london ist eine zwiespaeltige sache. denn einerseits fahrradwege. manchmal gibt es sie, aber dann trampeln entweder fussgaenger drauf herum, oder es ist ein 30cm breiter streifen am rand der fahrbahn, der von allen verkehrsteilnehmern konsequent ignoriert wird. andererseits aber toleranz. nach jahrelangem durchradln der heidelberger altstadt entwickelt man quasi automatisch eine gewisse evolutionsbedingte ruecksichtslosigkeit gegenueber passanten. in der ploeck ist naemlich nur platz fuer eine spezies; der fussgaenger ist der natuerliche feind des ploeck-radlers. in london ist das anders. man kann fussgaenger schneiden, slalom um sie herum fahren, bei gruen und rot ueber ihre ampeln fahren, und alles was sie von sich geben ist ein gemurmeltes 'sorry'. bis zum letzten wochenende. da haben sie hunderten fahrradfahrern eine geldbusse auferlegt, wegen ueberquerens einer roten ampel. man kanns auch uebertreiben mit der germanifizierung.

the wunderkind's doppelganger is abseiling from an über-rock in the hinterland.