Sonntag, April 27, 2008

2 kleine reisen

eine kleine reise ist besser als keine reise, und zwei reisen sind besser als eine reise.
in edinburgh ist es ein bisschen kaelter auch ein kleines bisschen verregneter als in london. dafuer wohnt dort ein kleiner zotteliger informatik professor der viele schlaue sachen zu sagen hat. also hat mir mein institut ein zugticket gekauft und ich bin ihn besuchen gefahren; der professor hat viel tee getrunken, viele zigaretten geraucht und wir haben diskutiert. dann hat er mir seinen lieblingsladen in Edinburgh gezeigt; er heisst 'MrWood's fossils' und man kann dort fossilien verschiedenen alters, so wie mineralien und meteroiten kaufen. anschliessend habe wir uns noch Dolly angesehen und dann ist der professor zurueck in sein buero gegangen und ich bin auf den hoechsten huegel, den ich finden konnte geklettert.



Edinburgh ist die einzige stadt, die ich kenne, die nicht den gesetzen des regeneffekts gehorcht: irgendwie kann man seine duesterheit nicht mehr ernst nehmen wenn die sonne scheint. und das liegt nur teilweise an den gauklern. die gaukler kommen naemlich raus, soblad die sonne scheint, sie tragen ihre trommeln in die stadt und in rote lumpen gekleidet waelzen sie sich am boden und beissen sich gegenseitig in ihre hintern. und das sieht genauso seltsam aus wie es klingt.


letzte woche war ich in Chester. dort gibt es eine alte, von roemern gebaute stadtmauer. sonst gibt es nicht viel zu sagen ueber chester. ich fuhr dorthin fuer eine konferenz ueber strahlenbiologie und jetzt weiss ich alles ueber rektalblutungen. ausserdem weiss ich, welche gesichter zu welchen veroeffentlichungen gehoeren, wer von ihnen club fan ist und kenne die, mit denen es spass macht bier trinken zu gehen.

nach 2 reisen nach hause zu kommen ist besser als nach einer reise nach hause zu kommen.

Sonntag, April 06, 2008

65p

Vorgestern war fruehling. ach was, sind wir mal grosszuegig, eigentlich war schon sommer. es war der erste tag des jahres, an den nicht nur die englaender, sonder auch ich im t-shirt durch die stadt lief. es war ein lauer abend und ich trank mein freitagabendbier in der sonne. dann ging ich balboa swing tanzen, und eines der swing-maedchen hatte einen marienkaefer auf dem arm sitzen.
heute morgen wachte ich auf, weil ich fror. als ich aus dem fenster schaute, sah ich schnee: daecher, autos, strassen, alles war weiss. so als ob ich in einem land lebte, in dem es winter gaebe, und es waere januar.
bevor ich nach london kam, dachte ich, Elephant & Castle, sei ein ort mitten in london, an dem hoefliche londoner mit schwarzen regenschirmen herumlaufen und 'splendid' sagen. das stimmt nicht. nachdem ich mich am sonntag 20 minuten von der wimbledon'schen golfplatz-und-pferde-ampeln-idylle entfernt hatte, war ich der einzige weisse im gut besetzten bus. aus misterioesen gruenden war der bus so schnell, dass ich 20 minuten vor der mit res verabredeten zeit in Elephant & Castle war. in solchen faellen trinke ich gerne einen kaffee. kaffee und schutz vor der kaelte und dem schnee bot das obligatorische einkaufszentrum neben dem bahnhof. dort gibt es zum beispiel 'Jenny's Restaurant'. Jenny ist kraeftig, hat eine kurzhaarfrisur in nicht definierbarer farbe und ist vielleicht 40, vielleicht 50, koennte aber auch schon 60 jahre alt sein. genau weiss das wahrscheinlich keiner. wenn man will, dann kann man von jenny den ganzen tag lang englisches fruehstueck, burger, oder auch einfach nur einen kaffee bekommen. Ich habe gelesen, dass nur 12\% der londoner glauben, dass man in ihrer stadt gut leben kann, auch wenn man nicht sehr gut verdient. seit ich bei jenny war, gehoere auch ich zu dieser minderheit. jenny hat mir einen kaffee fuer 65 pence verkauft. ausser mir hatte jenny noch 3 weitere gaeste. sie hatten alle 3 ihre jacke an und schaufelten mit leerem blick ihr englisches fruehstueck in sich rein. ich habe den verdacht, dass sie teil einer von der gleichen studie ausgemachten mehrheit sind, naemlich die 67% der londoner die sagen dass man sich in dieser stadt 'leicht beklommen/ verängstigt, einsam, anonym' fuehlt.
ich trank meinen kaffee aus, und ging mehr beklommene englaender gucken. zuerst lewis hamilton, wie er den gang nicht rechtzeitig einlegte und fernando alonso ins heck fuhr, danach englische polzisten, die versuchten 'free tibet'-demonstranten zurueckzuhalten. ich sah joggende polizisten, radlende polizisten, stehende polizisten, polizisten in autos, polizisten auf motorraedern und polizisten in SUVs. leider sah ich keine olympische fackel. nachdem wir den laeufer am Westminster um 5 minuten verpasste hatten, waren wir naemlich zu St Paul's gerannt. dort wurde die fackel im bus transportiert.

london ueberrascht mich immer wieder. manchmal sogar mit ueberpuenktlichen bussen, schnee, billigem kaffee und einer im bus transportierten fackel an einem einzigen tag.