Sonntag, November 11, 2007

metamorphose

wie es sich fuer einen anstaendigen, umweltbewussten deutschen gehoert, pflegte ich waehrend der vergangenen jahre den von mir produzierten muell in 4 oder mehr kategorien zu trennen. wenn anstaendige, umweltbewusste deutsche in einem fremden land sind, versuchen sie sich anzupassen und zu integrieren. beim muell schlaegt die integration das umweltbewusstsein. deshalb wende ich seit meiner ankunft wieder die in den USA unter anstrengung erlernte boston-technik an: ich nehme leere weinflaschen, kaeseverpackungen und alte zeitungen und werfe sie alle zusammen in einen grossen schwarzen plastiksack, den ich montags morgens auf die strasse stelle. erst fuehlte es sich schlecht an. nach einigen wochen ertappte ich mich dabei, wie ich die meine leeren yoghurt-becher ohne schlechtes gewissen in den schwarzen sack werfen konnte, und seit gestern hab ich eine neue stufe erreicht. seit gestern finde ich es...irgendwie praktisch. auf eine gewisse weise fast schon...gut.
nachdem ich aber in england lebe, mache ich zusammen mit meinen mitbewohnerinnen auch noch etwas komplett sinnfreies: unseren biomuell sammeln wir in einer grossen schuessel, die auf der spuele steht. sobald die schuessel voll ist, leeren wir sie in den gorssen schwarzen sack zu all dem anderen muell. keiner weiss warum.

wie alle londoner verbringe ich jeden tag eine betraechtliche menge zeit an ubahn stationen, bahnhoefen und zwischen ihnen. da ich ein hungriger junger mann bin verbringe ich auch ziemlich viel zeit mit essen. es liegt in der natur der dinge, dass ich manchmal an ubahn stationen und bahnhoefen esse. dabei produziere ich muell. weil es sich nicht gehoert und ich gerne in einer sauberen stadt leben moechte, will ich diesen muell nicht auf den boden, sondern in muelleimer werfen. an londoner ubahnstationen und bahnhoefen gibt es keine muelleimer. deshalb stehe ich meistens erst mal mit meinem leeren kaffeebecher oder meiner leeren papiertuete in der hand herum. am anfang steckte ich nach einer weile die papiertuete einfach in meine jackentasche zu den entwerteten eintrittskarten, fahrscheinen, kassenzetteln, taschentuechern und bonbons. leider ist die jetzt voll. deshalb drehe ich meinen muell normalerweise noch ein bisschen hin-und her, knuelle ihn zusammen, fummle ihn wieder auseinander und forme muell-rollen daraus; dann faellt mir ein dass es muell ist, fuer den es keinen muelleimer gibt. und ich werde wuetend. so wuetend bis ich den muell einfach fallen lasse und auf den boden werfe. dann werde ich noch ein bisschen wuetender und verfluche die stadt, weil sie aus mir, einem anstaendigen, umweltbewussten, hungirgen und integrationswilligen jungen mann, einen umweltverschmutzenden, wuetenden menschen gemacht hat.
manchmal ist das mit der integration gar nicht so einfach.

Sonntag, November 04, 2007

kneipensport

eine gute, bewaehrte sozialisierungstechnik ist sport. da ich leider von einer gewissen grobmotorik bin, bin ich gezwungen meine aktiven sportlichen betaetigungen auf radln, gewichte hochheben und kneipensport zu beschraenken. meine teilnahme an einem fussball-spiel oder einem aehnlichen mannschaftssport wuerde allerhoechstens zu verletzungen fuehren, keinesfalls zu neuen freunden.
da bei sport gucken und dabei bier trinken das verhaeltinis verletuzgsgefahr/sozialisierungspotential wesentlich guenstiger ist, bin ich neulich mit rahul, dualta, lindsey und freunden von lindsey zum rugby finale gucken nach central london gefahren. wenn man ein laenderspiel in irgendeiner sportart anguckt und deutschland spielt nicht mit, muss man sich entscheiden, welche der mannschaften man gewinnen sehen will. manchmal ist das einfach. wenn es ein fussbasllspiel mit italienischer beteiligung ist, ist man fuer die andere mannschaft. spielt italien nicht mit, kann man auf zwei entscheidungsvereinfachende kriterien zurueckgreifen:
das erste ist das ortskriterium: hat man in einem land schon mal gelebt oder urlaub gemacht und die menschen waren nett zu einem, haelt man zu dem.
trifft das nicht zu, bleibt noch das underdog-kriterium: wenn man zum aussenseiter haelt, macht es das spiel spannender, denn man kann die ganze zeit darauf hoffen, dass er doch noch aufholt und gewinnt.
im rugby finale spielte suedafrika gegen england und somit war die lage klar: ich wuerde zu england halten und wider besseres wissen bis zur letzten minute auf die weltmeisterschaft hoffen. das ging so lange gut bis der ball das erste mal aufs englische tor zuflog: waehrend ich mir noch schmaehrufe gegen suedafrika ueberlegte, merkte ich ploetzlich wie ich hoffte dass der ball zwischen die pfosten durchfliegen und suedafrika punkten wuerde. das herz siegte ueber den verstand und ich feuerte suedafrika an. 80 minuten spaeter hatte suedafrika ueber england gesiegt.

heute schien die sonne. sonntags-sonnenschein quasi. weil das hier nicht so oft der fall ist, habe ich mein buch eingepackt und bin mit ihm ins wimbledon village hochgelaufen. dort gibt es einen grossen park, in dem sich eine grosse wiese mit einer bank in der mitte befindet. ausser mir sass auf der bank noch ein aelteres ehepaar, das sich auf englisch eine unterhaltung fuehrte, die ich, auf mein buch konzentriert und den uebersetzungsfilter im hirn ausgeschaltet, ignorieren konnte. bis die frau zu ihrem mann auf deutsch sagte: " ich moechte nicht, dass du englisch sprichst, du sagst nur negative dinge! die leute hoeren zu!"
als einzige person in hoerweite, war ich kurz versucht die sprachen aufzuzaehlen die ich verstehe, doch dann beschloss ich mich stattdessen auf mein buch zu konzentrieren und sie zu ignorieren. es klappte nicht. ich fand mich die buchstaben auf meiner seite ansehend und drauf wartend was der mann wohl zu seiner frau negatives sagen wuerde. nachdem ich das ein paar minuten gemacht hatte, gab ich auf und dachte ueber maedchen nach. wenn londoner maedchen jeans anziehen, stecken sie die gerne in stiefel; bei 6% von ihnen sieht es gut aus. deshlab gibt es eine studivz-gruppe die heisst "Jeans in Stiefeln? Ich seh' hier nirgends Pferde!?". in wimbledon village sind ueberall pferde; es gibt sogar eigene pferdespuren auf der strasse und an kreuzungen ampeln fuer pferde. ich glaube das wusste der gruender der studivz gruppe nicht.